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22.-26.09.1998 - Alleingang durch die Allgäuer Alpen

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Zeitungsartikel "allgäu weit" (829 kb)
Passage zwischen Griesscharte und Schwärzer Scharte (ohne Beschreibung) (146kb)



Vorgeschichte

Bestes Tourenwetter war für die kommende Woche angekündigt, ich hatte massig Zeit und meine Kondition war auch recht gut. Gute Vorraussetzungen für eine Bergtour; doch das Problem war, daß Ende September die meisten, die ich kannte, entweder arbeiten oder in die Schule gehen mußten.
Doch da ich als fauler Student nun Zeit hatte und ich auch bisher keinen Urlaub wegen Prüfungen machen konnte, entschloß ich mich kurzfristig das erste Mal alleine in die Berge zu gehen.
Da ich keine Lust auf große Experimente hatte, wählte ich mein Lieblingsgebiet - die Allgäuer Alpen - in denen mir sowieso noch ein paar Touren fehlten bzw. fehlen.


1.Tag

Am Dienstag, den 22. September 1998, fuhr ich mit der Bahn nach Oberstdorf (815 m) und war kurz nach 14 Uhr da.
Dort angekommen fiel mir sofort der viele Schnee auf, der mir später noch einige Schwierigkeiten bereiten sollte.

Doch zunächst folgte der übliche Gewaltmarsch Richtung Kemptner Hütte (1844 m) über Spielmannsau, den ich diesmal ohne Zuhilfenahme von irgendwelchen Fahrzeugen bewältigte. Gegen 18.30 Uhr war ich dann schließlich auf der Kemptner Hütte, die diesmal - entgegen meiner Befürchtungen - nicht einmal überfüllt war. Es waren höchstens 30-40 Leute oben und so war es dort sogar recht gemütlich.
Was mir zum ersten Mal aufgefallen ist: es gibt inzwischen auf der Hütte sogar ein Karten(!)-Telefon!
Abends bin ich dann trotzdem recht früh gegen 21 Uhr ins Bett gegangen, da der (kurze) Tag doch recht anstrengend mit seinen rund 1000 Hm und 14 km war.
Abendstimmung auf der Kemptner Hütte


2.Tag

Mittwoch, 23. September - ein herrlicher Tag, an dem mich morgens gleich die Sonne begrüßte. Nach einem kurzen Frühstück ging es dann gegen 8 Uhr los Richtung Hermann-von-Barth - Hütte (2131 m).

Der Krottenkopf von Osten gesehen
Zunächst ging es (wie im Juni bereits) hinauf Richtung Krottenkopfscharte und machte meine Bekanntschaft mit Tiefschnee - und das bereits auf etwas mehr als 2000 m (in Schattenlage). So steckte ich teilweise bis zu den Hüften im Schnee, weswegen ich mich kurzerhand entschied nicht querfeldein zu gehen, sondern vielleicht doch den anderen Trittspuren hinauf zu folgen.
Oben auf der Krottenkopfscharte angekommen beschloß ich dann nicht den Krottenkopf (2656 m) zu besteigen, da ich dieses Jahr sowieso schon einmal oben war und außerdem noch weiter zur Kaufbeurer Hütte gehen wollte. Dieses Vorhaben gab ich nachher aber auf, da bei diesen Schneeverhältnissen kein besonders schnelles Vorankommen möglich war. Um von der Krottenkopfscharte wieder herunterzukommen, mußte ich erstmal ein ziemlich steiles Schneefeld hinunter (siehe Foto - linke Scharte).
Dann ging es (vgl. Foto) nach "rechts" durch eine kurze Felspassage, die bei dem Schnee auch recht viel Vorsicht erforderte. Anschließend ging es unter den Steilabstürzen des Krottenkopfes ungefähr in der Mitte des Schneefeldes weiter Richtung rechtem Bildrand.

Da ich leider keine Gamaschen und somit keine geeigneten "Abwehrmaßnahmen" gegen den Schnee hatte, waren meine Schuhe trotz Goretex bereits am Hermannskarsee mit Wasser vollgelaufen. Glücklicherweise schien aber die Sonne und es war recht warm, weswegen ich meine Pläne mit dem Kaufbeurerhaus vorläufig aufgab und mich faul am Hermannskarsee auf meine Isomatte legte und dabei die Schuhe und Socken trocknen ließ.
Nach 2,5 Stunden (jaja - ich weiß ich war faul :-) ) wanderte ich schließlich gemütlich weiter durch die vielen Kare Richtung Hermann-von-Barth - Hütte. Es war richtig herrlich - ich konnte mir Zeit lassen, die Sonne schien, es war ziemlich warm (mindestens 15 Grad) und ich war fast allein.
Als ich schließlich auf der Hütte war, stellte ich erleichtert fest, daß ich nicht wie beim letzten Mal im Notlager schlafen mußte, sondern reichlich Platz hatte. Mit mir waren nur weitere 7-8 Gäste anwesend.
Hermann-von-Barth - Hütte mit Blick Richtung Lechtal - im Hintergrund die Heiterwand


3.Tag

Donnerstag, 24. September sollte der Schlüsseltag auf meiner Tour werden - aber dazu später mehr.
Nach dem üblichen spärlichen Frühstück, brach ich mit gemischten Gefühlen Richtung Kaufbeurer Haus auf - schließlich wußte auch der Hüttenwirt nicht genau, bis wohin gespurt war und ich hoffte, nicht ins Lechtal absteigen und einen Umweg in Kauf nehmen zu müssen.

Abschied vom Lechtal - bald gehts über die Schwärzer Scharte
So ging es zunächst gespurt und wie erwartet, ohne Probleme zum Balschtesattel. Aus Zeitgründen an der Rotwand vorbei, ging es weiterhin gespurt auf dem Enzensperger Weg, Richtung Luxnacher Sattel. Hier im Noppenkar habe ich dann ein Rudel Gemsen aufgeschreckt, die ganz erstaunt waren, daß es doch noch so Bekloppte gibt, die bei ihnen vorbeilatschen müssen.
Als ich schließlich am Luxnacher Sattel ankam, stellte ich erfreut fest, daß es doch eine Spur Richtung Gries-/Schwärzer Scharte bzw. Kaufbeurer Haus gab. Voller Hoffnung, keinen nervigen Umweg gehen zu müssen, ging ich fröhlich weiter Richtung Griesscharte.
Doch das Teilstück an was ich am wenigstens dachte, sollte mir dann ziemliche Probleme bereiten. Im AV-Führer steht für das Teilstück Gries-/Schwärzer Scharte "bei Schnee mit besonderer Vorsicht, etc. blabla", was ich aber erst richtig realisierte, als mir 2 Leute kurz vor der Griesscharte entgegenkamen (die einzigsten Menschen übrigens, die ich an diesem Tag traf) und mich warnten, es gäbe keine Trittspuren bis zur Schwärzer Scharte.

Da ich nicht so schnell aufgeben wollte, meinte ich, daß ich mir das Ganze erst einmal anschauen würde.
Das Foto darf man übrigens nicht überinterpretieren - die Passage ist lediglich ein paar hundert Meter lang. Würde ich am Ausgangspunkt (Pfeil) stehen, wäre ich vielleicht ein bißchen kleiner als der Abstand der Pfeilspitze vom Berg.
Bei Interesse kann dieses Bild ohne Markierung/Pfeil und mit besserer Qualität (man kann sogar meine Fußspuren erkennen) angeschaut werden; einfach auf das Bild klicken!

Verbindung Gries-/Schwärzerscharte

Tatsächlich waren wenig später keine Spuren mehr zu sehen. Der weitere Weg sah auch nicht besonders einladend aus. Man mußte gleich am Anfang (siehe Pfeil auf dem Foto) ein ca. 40 Grad steiles und 15 m langes Schneefeld passieren, welches einige Meter weiter unterhalb in gähnende Leere überging. Außerdem sah der Schnee auch nicht besonders stabil aus und so ging es Schritt für Schritt mit angehaltenem Atem vorwärts.
Normalerweise war das ganze mit Drahtseil gesichert, aber da das Stück fast den ganzen Tag im Schatten liegt, war das Drahtseil fast vollständig zugeschneit. Glücklicherweise war es an einer Stelle an der ich beinahe abgerutscht wäre, aber doch nicht verschneit, sonst könntet ihr höchstwahrscheinlich diesen Bericht hier nicht lesen.
Nach diesem Schreck machte ich noch eine kleine Pause und ging weiter Richtung Schwärzer Scharte - welche langsam eigentlich kommen mußte. Ich sah oben einen Haufen Schnee über den die Sonne schien und mir wurde langsam bewußt, daß diese Schneewächte dort wohl die Scharte sein müßte!
Sollte ich nach all diesen Gefahren und Mühen doch noch zurück müssen? Nicht mit mir - auf in die Endrunde!

Vorsichtig stieg ich weiter Richtung Scharte - eine cirka 1,30 Meter hohe Schneewächte und sonst nur steiler Fels schienen aussichtslos. Doch glücklicherweise hatte die Sonne neben der Schneewächte einen ca. 40 cm breiten Simms entstehen lassen, auf dem ich langsam entlang kroch - rechts Abgrund, links Schneewächte.
Nach knapp 3 Meter konnte ich mich schließlich aufrichten um feststellen zu müssen, daß die Wächte mir bis an die Brust reichte. Doch wie sollte ich gefahrlos auf die Scharte kommen???
Nun, ich rammte meine Stöcke in die Wächte, zog mich langsam voran, versetzte einen Stock nach vorne; zog weiter, rollte mich auf die Scharte und stapfte glücklich und erschöpft vom Abgrund weg.
Endlich war ich oben - endlich in der Sonne. Ich steckte meine Stöcke in den Schnee (siehe Foto *grins*) und fühlte mich als ob ich einen 8000er bestiegen hätte - obwohl es lediglich eine popelige Scharte war. Ich war schon ein bißchen Stolz, daß ich als einzigster gewagt hatte, dieses Stück zu gehen.
Endlich auf der Schwärzer Scharte! Blick auf Urbeleskarspitze.

Auf der Bretterspitze - Blick Richtung Lechtal
Nach einer ausgiebigen Pause "spazierte" ich schließlich nur mit dem Fotoapparat bewaffnet, die letzten 100 Höhenmeter zur Bretterspitze (2608 m) hinauf, um schließlich eine grandiose Aussicht bei einem herrlichen Wetter geniesen zu dürfen.
Unten auf dem linken Bild schaue ich gerade ins Seekar/Richtung Lechtal. Auf dem rechten kann man den ehrwürdigen Hochvogel betrachten - links unten ganz klein kann man sogar das Kaufbeurer Haus sehen.

Blick ins Seekar/Lechtal
Blick auf Hochvogel

´Meine´ Hütte - das Kaufbeurer Haus
Nachdem ich mich sattgesehen hatte, bin ich schließlich die 600 Höhenmeter zum Kaufbeurer Haus (2005 m) abgestiegen, um erstmal von einem Rudel Gemsen begrüßt zu werden. Wie sich schnell herausstellte, war ich der einzigste, der in dieser nur am Wochenende bewirtschafteten AV-Hütte übernachten wollte.
So durfte ich allein in rund 2000 Meter Höhe - völlig abgeschieden und nur von ein paar Gemsen "bewacht" - die Nacht verbringen.

Bild links: Kaufbeurer Haus mit (ganz links) Urbeleskarspitze und (ganz rechts) Bretterspitze.


4.Tag

Den vorletzten Tag, Freitag, der 25. September 1998, lies ich langsam angehen und ging aus Faulheit/Appetitmangels heute mal ohne Frühstück gegen 9.30 Uhr los. Der späte Aufbruch sollte sich nachher aber als Fehler Nr. 1 herausstellen.
Zunächst schrubbte ich die 900 Höhenmeter nach Hinterhornbach (1101 m) runter, um gegen 11.30 Uhr wieder mal eine anständige Mahlzeit in einem Gasthof einzunehmen.
Nach dieser ausgiebigen Rast (Fehler Nr. 2) ging es Richtung Hochvogel.
Von der anderen Seite hatte man nun einen wunderbaren Blick Richtung Urbeleskar-/Bretterspitze bzw. der gesamten Hornbachkette - die beiden linkesten Berge auf dem Foto sind wieder "meine" beiden Spitzen.
Doch in dem Waldstück, in dem es nun hinauf zum Hochvogel gehen sollte haben übermotivierte Landwirte ein Labyrinth von Waldwegen angelegt, weswegen ich zunächst nicht den richtigen erwischt hatte. Blöderweise bin ich -anstatt zurückzugehen- weglos durch den Wald gelaufen, was Fehler Nr. 3 war. Ich verlor in diesem Wald einiges an Zeit, da ich noch über zwei 2 m hohe Zäune klettern mußte sowie ein wenig die Orientierung verlor.
Recht spät - gegen 15.00 Uhr - kam ich an eine wichtige Gabelung, wo man sich entscheiden kann entweder über den Hochvogel oder außen herum zum Prinz-Luitpold-Haus zu gehen. Fehler Nr. 4 war, daß ich mich zunächst entschied über den Hochvogel zu gehen. Nachdem ich feststellte, daß auch hier noch sehr viel Schnee lag und ich das Erlebnis vom Vortag noch vor Augen hatte beschloß ich, den anderen Weg zu nehmen. So verlor ich ohne weiterzukommen eine ganze Stunde und es war bereits 16 Uhr.
Deswegen sputete ich mich ein bißchen und es sah auch recht gut aus, daß ich es zur Prinz-Luitpold-Hütte schaffen würde.
Und da passierte mir der entscheidende Fehler Nr. 5: ich hatte nicht genau auf die Karte gesehen und bin voller Freude eine Scharte zu früh abgestiegen!

Endlich dämmerts - morgens im Biwak
Nachdem ich kurz vor 19 Uhr den Fehler bemerkte, war es bereits zu spät, um die Hütte zu erreichen - ich mußte biwakieren!
Glücklicherweise hatte ich eine Isomatte (zwar nur eine recht dünne, aber ich war trotzdem froh), meinen Biwaksack und meine dolle Rettungsfolie dabei. Dazu nahm ich noch den Baumwollhüttenschlafsack und mit einem Taschenwärmer folgte eine zwar recht kalte (schätzungsweise irgendwas zwischen 2 und 5 Grad; teilweise mit Nebel), aber halbwegs ertragbare Nacht. Immerhin konnte ich sogar einen Teil davon schlafen, wenn ich nicht gerade den feuchten Biwaksack (durch Kondensation) im Gesicht hatte!

Das nervige am Biwak ist vorallem wenn man alle Stunde aus dem Sack guckt, um zu schauen, ob es endlich dämmert - denn leider lag ich ohne Licht völlig zeitlos in einem kalten, schwarzen nichts. Schließlich war es dann aber doch soweit - siehe oben.


5.Tag

Samstag, der 26. September 1998 - Abreisetag.
Ein Blick aus dem Biwaksack - endlich Dämmerung. Müde und ziemlich verspannt, quälte ich mich aus meiner nächtlichen "Behausung" - eine leicht unebene Wiese, inklusive Steine, die einem natürlich genau an den falschen Stellen drücken, ist eben nicht der optimale Ort zum Biwakieren.
Aber dieses Wiesen/Maatengelände auf rund 1800 m war immer noch deutlich besser, als wenn ich weiter oben in Fels und Eis hätte übernachten müssen.
Nun denn, flugs allen Kram zusammengepackt, ´nen Schokoriegel als Frühstück und los ging es gegen 6.30 Uhr Richtung Prinz-Luitpold-Haus, wo ich mühsam nach 2 Stunden ankam. Nachdem ich mir dort erstmal das ´Big Mama´-Früstück für 11,50 DM rausgelassen hatte und mich ordentlich aufgewärmt, wollte ich nur so schnell wie möglich nach Oberstdorf und zurück in die Zivilisation.

Dazu mußte ich über das Himmeleck (2007 m) - an sich kein großes Problem. Nur mit der Wegfindung haperte es zum Schluß (wegen Schnee) doch noch ein wenig.
Auf dem Weg zwischen Hütte und Himmeleck hab ich dann mal ein wenig Finderglück gehabt: mitten auf dem Weg (d.h. auf einem Stein) hatte jemand eine Goretex-Regenjacke vergessen und da niemand weit und breit zu sehen war, habe ich das natürlich nicht liegen lassen können... :-)
Endlich auf dem Himmeleck angekommen, war ich schon fast wieder in der Zivilisation, da mit mir dort oben rund 6 Leute pausierten. Aber das war auch egal - jetzt ging es bloß noch 1200 Höhenmeter runter nach Oberstdorf. Die erste Etappe führte mich auf die Jausenstation Käseralm (1401 m), wo ich in einem Touristenstrom ertrank (es waren min. 100-200 Leute dort). Da es eh nur noch Fahrstraße runterging, trank ich erstmal ein Bier, was bei dem warmen und sonnigen Wetter recht heftig wirkte.
Der Hochvogel - ein letzter Blick vom Himmeleck

Um meinen Zug aber nicht zu verpassen bin ich kurz nach 15.00 Uhr von der Alpe aufgebrochen und war nach rund 2 Stunden die restlichen 11 km nach Oberstdorf gelaufen, so daß ich an diesem Tag fast 21 km hinter mich gebracht hatte.
Kurz vor 18 Uhr setzte ich mich schließlich erschöpft (nach diesem Gewaltmarsch), aber um einige neue Erfahrungen reicher, in den Zug nach Stuttgart.


Zum Schluß noch eine Übersicht:

Di
Mi
Do
Fr
Sa
Gesamt
zurückgelegte Kilometer
14
8,5
11
14
20,5
68
Aufstiegs Höhenmeter
1050
700
650
1250
700
4350
Abstiegs Höhenmeter
0
400
750
1400
1800
4350


Mein Bericht in allgäu weit! (829 kb)
Dieser Bericht ist übrigens in "allgäu weit" (Beilage der Allgäuer Zeitung) im Oktober 1999 erschienen!
Den eingescannten Zeitungsartikel findet ihr hier (829 kb)!



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